Naturwissenschaftlicher Meinungsimperialismus – eine Meinung

Auf Instagram war mir letztes Jahr, als die Pandemie endlich abzuebben begann, bereites aufgefallen, dass das Format „Mai Think X“ (glaube von ZDF Neo produziert) mit Dr. Mai Thi Nguyen-Kim – nach meinem Empfinden vorbildlicher Aufklärungsarbeit gegen Querdenker und Corona-Leugner – nun auch in die von der Medienwelt jährlich stattfindenden Hexenjagd auf Naturheilkunde und Homöopathie eröffnet wurde. Da hieß es vollmundig „wir zerstören die Homöopathie“ – was die Homöopathie der promovierten Chemikerin getan hat, weiß ich zwar nicht, war aber mit der verbalen Keule die da geschwungen wurde nicht einverstanden. Ich persönlich hoffe immer auf einen „Leben und leben lassen“-Konsens, der im Wort Komplementärmedizin seine Glorie findet. Wie die Medienlandschaft jährlich zur Sommerflaute die sogn. Homöopathie-Sau, fast schon einer Hysterie anmutend, durch die Medien treibt, scheint nun auch Dr. Mai Thi Nguyen-Kim erfasst zu haben.

Für mich ist ganz klar, dass es Scharlatane gegeben hat, gibt und wahrscheinlich auch immer geben wird. Doch finde ich, dass die Einseitigkeit mit der diese gesucht werden, mir ein bisschen zu simpel vor kommt, wenn ansonsten die Wissenschaft als solche schon dermaßen in den Olymp gehoben wird. Schließlich gibt es auf „schulmedizinischer Seite“ meist ebenso genügend Zündstoff über den richtig aufgeklärt werden sollte. Im Sinne von „kehre bitte erstmal vor der eigenen Haustür“ verweise ich da zum Beispiel auf die Contergan-Fälle, oder etwas aktueller die Tamiflu-Lüge, bei der eine ähnliche Aufklärungsarbeit zunächst stattfand wie bei den Missbrauchsermittlungen der kath. Kirche in eigener Sache. Vielleicht trifft der Vergleich nicht ganz, aber ich habe das Gefühl das hier mit dem Finger auf andere gezeigt wird, obwohl es im eigenen Bereich soviel aufzudecken gibt (ganz aktuell mal wieder die Studie über Teebaumöl und Lavendelöl und Gynäkomastie, und wie brechend schlecht diese Studie von Wissenschaftlern durchgeführt wurde).

Und wie als würde der Instagram-Algorithmus mir noch Öl ins Feuer gießen wollen, serviert mir dieser gestern ein Video „jeder hat bestimmt so einen Verwandten in der Familie“ – die dann exemplarisch bei ner Axt im Bein Globuli verabreichen will. Das ist ein eindeutiges Zeichen für die Dummheit mancher Menschen, aber kein adäquates Anwendungsbeispiel der Homöopathie.

Und in diesem Fahrwasser servierte mir Instagram den Trailer für eine weitere Sendung von Dr. Mai Thi Nguyen-Kim, in der das Naturheilkunde-Bashing fast schon als gängige Praxis etabliert zu sein scheint. Wenn man in dem Zusammenhang sich bewusst macht und einliest in die immensen Hürden die zum Beispiel die Aromatherapie immer wieder zu nehmen hat, obwohl es jede Menge gute Studien zu Wirksamkeit und Verträglichkeit gibt – die aber scheinbar nicht interessant genug sind, und dann wird stattdessen diese Lavendelöl-Studie aus dem Hut gezaubert, in der nichtmal ein Molekül von Lavendelöl nachgewiesen wurde!

In einer Welt die immer wieder auf Evidenzbasierung zurückgreifen will, und gleichzeitig eine Wertigkeit in die Thematik mit einfließen lässt, fühle ich mich herausgefordert ein bisschen Gegenwind zu erzeugen. 😀

Es zeichnet sich ein Trend ab, der nur noch durch wissenschaftliche Fundierung Fakten und Meinungen zu lässt. Wo das auf der einen Seite eine begrüßenswerte Haltung sein kann, um Vorurteile abzubauen und Klarheit und Nachvollziehbarkeit zu fördern, so erwächst auf der anderen Seite eine fast schon fundamentatlistische Sichtweise, durch Erfahrung gewonnene Erkenntnisse gar zu negieren, seien diese nicht evidenzbasiert.

Auch wenn die moderne Naturwissenschaft die Meridiane und die Yin-Yang-Einteilung in der TCM als unwissenschaftlich ablehnt, so basiert doch das gesamte Konzept der TCM auf dieser zentralen Achse, die zum Beispiel Akupunktur so effektiv macht. Den Erfolg der TCM und der Akupunktur ist nicht von der Hand zu weisen, und macht es daher schwer den Kritikpunkt der Unwissenschaftlichkeit aufrecht zu erhalten. Es ist mir absolut schleierhaft wie man ernsthaft über 4000 Jahre dieser Erfahrungsmedizin, mal eben so frei von der Leber weg ablehnt, obwohl sogar von wissenschaftlicher Seite die Erfolge unbestreitbar sind. – Für mich riecht das nach dem Dünkel der die Maxime verfolgt „Was nicht sein kann, darf auch nicht sein“, und in diesem Fall sogar bei einem eindeutigen Benefit für die Patienten.

Ich habe in Webinaren sooft schon gehört, welch sensationelle Heilerfolge z.B. mit Aromatherapie erbracht wurden, diese aber nicht kommuniziert werden dürfen, wegen Verordnungen, scheinbarer Heilversprechungen die nicht getätigt werden dürfen, selbst wenn die Dozenten aus eigener Erfahrung sprechen usw. – Und das mutet für mich als Konsequenz dieses Meinungsimperialismus an, der keine andere Wahrheit neben sich duldet – man kommt sich vor als würde über das erste Gebot der Bibel gesprochen werden.

Wissenschaftliche Überprüfbarkeit in allen Ehren, und wie gesagt zum Thema Abbau von Vorurteilen wunderbar, doch nimmt dies eine Form an, die um die Diskussion des ersten biblischen Gebotes anmutet, sollte vielleicht der eigene Gott-Komplex auf den Seziertisch.

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